Änderung von Wohnungseigentumsobjekten – Was darf ein Wohnungseigentümer?

© Martin Kozcy

Wenn es um die Gestaltung ihrer Wohnung geht, kennt die Kreativität der jeweiligen Wohnungseigentümer oft keine Grenzen. Dass sie zu der damit verbundenen Änderung der Wohnung häufig gar nicht berechtigt sind, beachten die wenigsten Wohnungseigentümer.

Missverständnis vieler Wohnungseigentümer über ihre rechtliche Stellung

Verglasung einer Loggia, Vergrößerung der Windfänge einer Terrasse, Verbindung zweier Wohnungen, Einbau eines zusätzlichen Fensters, Errichtung eines Glasvorbaus, Errichtung eines Gartenhäuschens im Eigengarten, Ausgestaltung eines Flachdaches als Terrasse etc:  Es gibt viele nachvollziehbare Bedürfnisse eines Wohnungseigentümers, sein Wohnungseigentumsobjekt zu optimieren. Oft sehen sich Wohnungseigentümer als „Eigentümer ihrer Wohnung“ und verstehen nicht, weswegen die Miteigentümer bei Veränderungen ihrer Wohnung etwas mitzureden haben. Aber bereits aus dem Begriff des Wohnungseigentums lässt sich dies einwandfrei erklären. Gemäß § 2 Abs 1 Wohnungseigentumsgesetz („WEG“) ist Wohnungseigentum das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen. Der Wohnungseigentümer ist daher

  • nicht Eigentümer seiner Wohnung,
  • sondern nur Nutzungsberechtigter.

Änderungsrechte des Wohnungseigentümers  – gesetzlich geregelte Genehmigungsfähigkeit

§ 16 Abs 2 WEG regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Wohnungseigentümer ein Recht auf Änderungen (auch Widmungsänderungen) hat.  Diese Regelung besagt jedoch lediglich – und dies wird des Öfteren verkannt – unter welchen Voraussetzungen eine angestrebte Änderung genehmigungsfähig ist. Es ist gesetzlich nicht geregelt, wann eine Änderung genehmigungspflichtig ist, also in welchen Fällen vor der Ausführung unbedingt die Genehmigung der anderen Miteigentümer eingeholt werden muss. Hier gilt folgender von der Judikatur entwickelte Grundsatz:

Schon die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung von schutzwürdigen Interessen anderer Wohnungseigentümer führt dazu, dass der änderungswillige Wohnungseigentümer die Zustimmung aller Wohnungseigentümer einholen oder deren Zustimmung vom Gericht im Außerstreitverfahren ersetzen lassen muss (genehmigungspflichtige Änderungen).

Es gibt daher nur ganz wenige Fälle, bei denen die Rechtsprechung erkannt hat, dass ein Wohnungseigentümer ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer Änderungen vornehmen darf (genehmigungsfreie Änderungen):

  • Genehmigungsfrei sind die Terrassenverfliesung eines nur aus einem Betonestrich bestehenden Terrassenbodens, das Einschlagen von Nägeln oder das Anbohren von Wänden innerhalb eines WE-Objektes, das Hinaushängen von Wäsche und ähnlich bagatellhafte Umgestaltungen. Genehmigungsfrei sind daher nur solche Maßnahmen, bei denen nicht einmal ein sehr kritischer Mensch auf die Idee kommen könnte, andere Miteigentümer fragen zu müssen.

Fast alle Änderungen sind somit genehmigungspflichtig, bedürfen also der Genehmigung der Miteigentümer.

  • Genehmigungspflichtig sind nach der Rechtsprechung das Anbringen einer Satellitenantenne am Dach oder an der Fassade, die Montage einer Außenwandtherme oder eines Klimagerätes an der Außenfassade, Aufstellen einer Bank am gemeinschaftlichen Gang, Umbau einer bereits vorhandenen Glastüre in „französische Fenster“ (mit vorgesetztem Gitter), Erneuerung (nicht bloß Instandhaltung) einer Terrasse, Ersatz einflügeliger Fenster durch zweiflügelige, Einhausung eines Kfz-Stellplatzes, Errichtung einer Terrasse auf einem Flachdach, Errichtung einer Flugdachkonstruktion auf Terrasse, Zusammenlegung zweier Wohnungen, Errichtung eines Swimmingpools, Errichtung eines Gartenhäuschens, Verwendung einer Wohnung als Arztpraxis, Verglasung eines Balkons uvm.

Wie kommt man bei einer genehmigungspflichtigen Änderung zur Zustimmung der übrigen Miteigentümer?

  • Alle Miteigentümer stimmen freiwillig ausdrücklich – am besten schriftlich – zu.
  • Die Genehmigung kann vorweg – etwa im Wohnungseigentumsvertrag – erteilt werden. Unwirksam dagegen ist ein vertragliches Änderungsverbot für die Zukunft.
  • Konkludente Zustimmung: Widersetzen sich Wohnungseigentümer einer Änderung lange nicht, kann darin eine stillschweigende Zustimmung erblickt werden. Voraussetzung ist dafür die Kenntnis der übrigen Miteigentümer von der Änderung und die Kenntnis von ihrem Untersagungsrecht.
  • Rechtsgestaltende Entscheidung des Außerstreitrichters: Ist die freiwillige Zustimmung sämtlicher Miteigentümer nicht zu erlangen, muss das Außerstreitgericht angerufen werden, welches die Zustimmung der Miteigentümer unter bestimmten Voraussetzungen ersetzen kann. Die Genehmigung kann auch nachträglich (also nach Vornahme der Änderung) beantragt und erteilt werden.
Änderungen, bei denen das Außerstreitgericht die Zustimmung der Miteigentümer ersetzen kann – genehmigungsfähige Änderungen

Die Voraussetzungen für die Genehmigungsfähigkeit sind unterschiedlich, je nachdem welcher Art die Änderung ist:

  • Änderung betrifft nur das eigene Wohnungseigentumsobjekt
  • Änderung betrifft auch allgemeine Teile der Liegenschaft
  • Änderung betrifft auch Objekte anderer Wohnungseigentümer

Eine Änderung, die nur das eigene Wohnungseigentumsobjekt betrifft, darf (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG)

  • keine Schädigung des Hauses und
  • keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer und
  • keine Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes und
  • keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.

Eine Änderung, die auch allgemeine Teile der Liegenschaft betrifft, muss zusätzlich zu den oben genannten Voraussetzungen auch noch folgendes erfüllen (§ 16 Abs 2 Z 2 WEG):

  • Sie muss entweder verkehrsüblich sein oder
  • einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers entsprechen (behauptungs- und beweispflichtig dafür ist der änderungswillige Wohnungseigentümer).

Eine Änderung, die auch Objekte anderer Wohnungseigentümer betrifft, muss alle oben genannten Voraussetzungen erfüllen und wird überdies nur zugelassen, wenn sie (§ 16 Abs 2 Z 3 WEG)

  • keine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung des anderen Wohnungseigentums zur Folge hat und
  • dem beeinträchtigten anderen Wohnungseigentümer bei billiger Abwägung aller Interessen zumutbar ist.

Jüngste Judikatur

  • Balkonverglasung (5 Ob 70/11x)

Das Außerstreitgericht hat eine vom Wohnungseigentümer beabsichtigte Balkonverglasung nicht genehmigt. Das WE-Objekt ohne Balkonverglasung biete einer 4-köpfigen Familie eine dem derzeit üblichen Standard entsprechende Nutzung. Es fehle     ein wichtiges Interesse nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG.

  • Umwidmung eines Büros in eine Wohnung in einem reinen Büro- und Geschäftshaus mit einem Nachtlokal (5 Ob 83/11h)

Die Umwidmung eines WE-Objektes von Büro in eine Wohnung in einem reinen Büro- und Geschäftshaus wurde genehmigt. Ein Miteigentümer, der in seinem WE-Objekt ein Nachtlokal betreibt, brachte dagegen vor, er hätte bewusst sein WE-Objekt in einem reinen Büro- und Geschäftshaus erworben, um Anrainerbeschwerden auszuschließen. Das Außerstreitgericht führte aus, dass die mit dem Betrieb eines genehmigten Nachtlokals verbundenen Beeinträchtigungen ohnehin von den Wohnungseigentümern oder deren Mieter zu dulden sind. Fallweise Querelen und Beschwerden der Benützer des Hauses rechtfertigen nicht, den Antragsteller auf Dauer zu beschränken.

  • Keine Genehmigung zusätzlicher Belichtungsflächen, nur weil aktuelle, für den Neubau geltende Bauvorschriften größere Belichtungsflächen fordern (5 Ob 98/11i)

Der Antragsteller berief sich auf die geltenden Bauvorschriften, die für Neubauten größere Belichtungsflächen fordern, und brachte vor, sich vor depressiver Stimmung und Gesundheitsschädigung schützen zu müssen. Das Außerstreitgericht verneinte die Genehmigungsfähigkeit weiterer Belichtungsflächen und führte aus, dass im Hinblick auf den Wohnungsaltbestand nicht nur die neuen Anforderungen an die Belichtungsverhältnisse den heute üblichen Standard darstellen und ein Unterschreiten dieser Anforderungen nicht zwangsläufig zu einer depressiven Stimmung bzw. Gesundheitsschädigung führt.

  • Mangelnde Genehmigungsfähigkeit einer Dachterrasse (5 Ob 98/11i)

Nur weil es in der Wohnungseigentumsanlage bereits drei Dachterrassen gibt, heißt dies nicht, dass die Schaffung einer Dachterrasse verkehrsüblich wäre. Kein Überschreiten des Ermessungsspielraumes des Außerstreitrichters.

Abwehr eigenmächtig vorgenommener Änderungen

Wurden genehmigungspflichtige Änderungen ohne Zustimmung der Miteigentümer oder der Genehmigung durch das Außerstreitgericht vorgenommen, so besteht ein im streitigen Rechtsweg durchzusetzender Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch. Vor eigenmächtig vorgenommenen Änderungen sei daher gewarnt. Sie können kostspielige Folgen haben und belasten die Wohnungseigentümergemeinschaft erheblich.

Manuela Maurer-Kollenz