Bundesvergabe-gesetznovelle 2012

© Martin Kozcy

Die Bundesvergabegesetznovelle ist beschlossen. Einschneidende Änderungen bringt die Novelle nicht, allerdings ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung zu erkennen. Von den beschlossenen Änderungen ist die erweiterte Möglichkeit der Direktvergabe besonders hervorzuheben.

Am 7. Dezember 2011 wurde die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (BVergGVS 2012), eine Novelle des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG-Novelle 2012) sowie eine Verlängerung der ursprünglich am 31.12.2011 auslaufenden Schwellenwerteverordnung im Nationalrat beschlossen. Nach der erforderlichen Zustimmung der Bundesländer ist mit einem Inkrafttreten der Novelle im März 2012 zu rechnen. Ziel dieser Gesetzesinitiative ist eine Neuregelung und Entbürokratisierung des Unterschwellenbereiches. Die derzeit geltende Schwellenwerteverordnung wurde um ein weiteres Jahr bis Ende 2012 verlängert.

Direktvergabe nur mehr bis EUR 50.000,– möglich, allerdings Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bis EUR 500.000,– zulässig

Die BVergG-Novelle 2012 sieht vor, dass die Direktvergabe öffentlicher Aufträge nur mehr bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 50.000,– (im Sektorenbereich bis EUR 75.000,–) möglich sein soll. Als Ersatz für die bisherige Schwellenwertregelung soll es in Zukunft die Möglichkeit geben, Aufträge im Wege einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung zu vergeben. Eine Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ist bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 500.000,– möglich (bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen beträgt der maximale Auftragswert EUR 130.000,–). Im Sektorenbereich wurde als neue Vergabeart die Direktvergabe nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb eingeführt, die bei Bauaufträgen bis zu einem Auftragswert von EUR 500.000,– (bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen beträgt der maximale Auftragswert EUR 130.000,–) zulässig ist.

Mit der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung soll ein neues Verfahren geschaffen werden, dass die Vorteile einer möglichst formfreien Vergabe mit der gesetzlich gebotenen Transparenz verbindet. Der Hauptunterschied zur Direktvergabe im herkömmlichen Sinn liegt in der erhöhten Transparenz. Die beabsichtige Vergabe eines Auftrages mittels Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ist in den vom Bundeskanzler beziehungsweise der jeweiligen Landesregierung festgelegten elektronischen Publikationsmedien bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat zumindest die Bezeichnung des Auftraggebers, den Gegenstand der Leistung sowie den Erfüllungsort und die Leistungsfrist, einen Hinweis darauf, wo nähere Informationen über die zu vergebende Leistung sowie über den weiteren Verfahrensablauf verfügbar sind sowie die ausdrückliche Bezeichnung als Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung zu enthalten. Der Auftraggeber muss objektive, nicht diskriminierende und mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien festlegen, anhand derer die Auswahl der Unternehmer bzw. des erfolgreichen Angebots erfolgt. Hierbei muss keine Trennung zwischen unternehmens- und angebotsbezogenen Kriterien erfolgen, auch gibt es keine Vorgaben hinsichtlich einer Mindestanzahl von Auswahlkriterien.

Wie der Auftraggeber das Verfahren gestaltet, liegt in seinem freien Ermessen, er kann etwa zu Verhandlungen einladen, zur Angebotslegung auffordern oder nach Vorliegen der Angebote den Auftrag frei vergeben. Der Auftraggeber ist lediglich verpflichtet, jenen Unternehmen, die sich um eine Teilnahme an der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung beworben oder ein Angebot gelegt haben, unverzüglich mitzuteilen, welchem Unternehmer der Zuschlag erteilt wurde. In dieser Mitteilung ist der Gesamtpreis anzugeben. Dies hat für den Auftraggeber den Vorteil, dass die Entscheidung nicht mehr mittels Nachprüfungsantrag bekämpft werden kann, da es sich um keine gesetzlich determinierte separat anfechtbare Entscheidung handelt. Eine Rechtswidrigkeit kann im Nachhinein nur mehr mit einem Feststellungsantrag bekämpft werden. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe einer Zuschlagsentscheidung (dies würde eine Stillhaltefrist auslösen und die Entscheidung mittels Nachprüfungsantrag bekämpfbar machen) besteht nicht.

Nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bei Bauaufträgen bis EUR 300.000,– möglich

Eine weitere Änderung durch die Bundesvergabegesetznovelle betrifft den Schwellenwert für das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung. Diese insbesondere für kleinere Aufträge sehr viele Vorteile bietende Vergabe von Aufträgen im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung, welche temporär (31.12.2012) für Bauaufträge bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 1.000.000,– und für Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 100.000,– möglich ist, wird durch die Novelle eingeschränkt. Das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung soll zukünftig bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 300.000,– und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen wie vor Erlass der Schwellenwerteverordnung bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 80.000,– möglich sein.

Verlängerung des Referenzzeitraumes zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit auf 10 Jahre

Statt wie bisher 5 Jahre  (Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 3 Jahre) können Auftraggeber zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit Referenzen der vergangenen 10 Jahre fordern, sofern dies durch den Leistungsgegenstand gerechtfertigt und sinnvoll erscheint.

Maßnahmen zur Reduktion des Verwaltungsaufwandes

Vor dem Hintergrund der Reduktion des Verwaltungsaufwandes sieht die Bundesvergabegesetznovelle vor, dass der Auftraggeber die Vorlage der Eignungsnachweise erst bei Aufträgen im Oberschwellenbereich zwingend einfordern muss. Hier ergibt sich für Auftraggeber im Rahmen der Angebotsprüfung jedenfalls eine Erleichterung, da im Unterschwellenbereich die Eignungsnachweise nicht mehr angefordert werden müssen. Das bedeutet, dass der Auftraggeber bei Bauaufträgen bis zu einem Wert von ca. EUR 5.000.000,– und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis ca. EUR 200.000,– nicht verpflichtend ist, entsprechende Nachweise anzufordern. Das Verfahren kann dadurch bei Unternehmen, deren Eignung allgemein bekannt ist, die Auftragsvergabe erleichtern und beschleunigen. Weiters soll im Lichte der angestrebten Entbürokratisierung des gesamten Unterschwellenbereichs von einer verbindlichen schriftlichen Aufklärung im Zuge der vertieften Angebotsprüfung bzw. bei Mangelhaftigkeit des Angebots abgesehen werden. Zu berücksichtigen ist, dass dies nicht soweit gehen darf, dass der Auftraggeber im Unterschwellenbereich von jeglicher Aufklärungspflicht befreit wird. Es ist allerdings keine formale Vorgehensweise erforderlich. Viel mehr liegt es im Ermessen des Auftraggebers, in welcher Art und Weise er Aufklärung durch den Bieter verlangt. Bei größeren Bauaufträgen im Unterschwellenbereich ist jedoch anzuraten, die Aufklärung durch den Bieter zumindest schriftlich zu dokumentieren.

Verkürzte Fristen bei Standardleistungen

Neben der bisherigen Möglichkeit, die in §§ 64 f BVergG festgelegten Angebots- und Teilnahmefristen bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. bei besondere Dringlichkeit) zu verkürzen, können Auftraggeber zukünftig auch bei der Beschaffung von „Standardleistungen“ (Produkte, die ohne weitere Anpassungen bezogen werden können und in Serienproduktion in größerer Stückzahl gefertigt werden) die Teilnahme- und Angebotsfristen unter das vorgeschriebene Mindestmaß verkürzen.

Verschuldensunabhängiger Schadenersatz

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der OGH infolge eines Urteils des EuGH, wonach Auftraggeber verschuldensunabhängig für Vergabeverstöße haften, entschied, dass das Bundesvergabegesetz dahingehend geändert werden soll, dass der übergangene Bieter bei einem hinreichend qualifizierten Verstoß des Auftraggebers Anspruch auf Schadenersatz hat.

Inanspruchnahme grenz – überschreitender zentraler Beschaffungsstellen

Mit der BVergG Novelle 2012 wird weiters für Auftraggeber die Möglichkeit geschaffen, sich grenzüberschreitender zentraler Beschaffungsstellen zu bedienen. Voraussetzung ist, dass das zur Anwendung gelangende materielle Recht (richtet sich nach dem Sitz der Beschaffungsstelle) richtlinienkonform ist. Diese Beschaffungsbündelung bringt für öffentliche Auftraggeber jedenfalls ein begrüßenswertes Einsparungspotential mit sich.

Fazit

Durch die Bundesvergabegesetznovelle 2012, die aus derzeitiger Sicht im März 2012 in Kraft treten soll, werden punktuelle Änderungen vorgenommen. Wirklich großen Veränderungen, die notwendig wären, um die Unzufriedenheit der Unternehmer und Auftraggeber mit dem derzeit geltenden Bundesvergabegesetz zu mindern, fehlen allerdings. Die wesentlichste Neuerung betrifft die Einführung der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung, mit der letztendlich eine relativ formfreie Direktvergabe von Bauaufträgen bis EUR 500.000,– ermöglicht wird.

Bernhard Kall
Müller Partner Rechtsanwälte