Stolperstein Bieterlücken

© Martin Koczy

In der Vergabepraxis stellen falsch ausgefüllte Bieterlücken einen der häufigsten Ausscheidensgründe dar. Die Judikatur der Vergabekontrollbehörden ist dahingehend sehr formalistisch. Schon das Nichtausfüllen einer einzigen Bieterlücke kann zum Ausscheiden des Angebots führen. Der vorliegende Artikel soll das Problembewusstsein schärfen und dem Angebotsersteller das nötige Rüstzeug für den vergaberechtskonformen Umgang mit Bieterlücken geben.

Einleitung und rechtliche Grundlagen

Nach § 98 Abs 7 BVergG darf in der Ausschreibung – soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist – „in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmer oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Solche Verweise sind ausnahmslos mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen.“ 

Das BVergG hält den öffentlichen Auftraggeber dazu an, keine sachlich nicht gerechtfertigten Festlegungen zu treffen, um einen freien und lauteren Wettbewerb zu gewährleisten. Vielmehr ist er aufgefordert, die Leistungen – soweit möglich – neutral zu beschreiben und gleichwertige Produkte verschiedener Lieferanten zuzulassen.

Je nachdem, ob der Auftraggeber in der Ausschreibung ein Leitprodukt vorsieht oder nicht, handelt es sich um eine sogenannte unechte oder echte Bieterlücke: Bei der unechten Bieterlücke gibt der Auftraggeber beispielhaft Erzeugnisse („Leitprodukte“) vor und lässt Raum zum Anbieten eines Alternativproduktes. Wird die Bieterlücke nicht ausgefüllt, gilt das Leitprodukt gemäß § 106 Abs 7 BVergG als angeboten.

Bei der echten Bieterlücke hingegen fehlt ein Leitprodukt. Der Bieter legt also bei Angebotserstellung (auf Grundlage der auftraggeberseitigen Vorgaben) eine bestimmte Vorgehensweise preislich und auch technisch fest.

Häufige Fehlerquellen in Zusammenhang mit unechten Bieterlücken

Im Gegensatz zum Nichtausfüllen echter Bieterlücken kann das Nichtausfüllen unechter Bieterlücken nie zum Ausscheiden des Angebotes führen, da ja in diesem Fall das Leitprodukt ex lege als angeboten gilt. Mit Festlegung des Leitproduktes gibt der Auftraggeber bei unechten Bieterlücken allerdings einen Standard vor, mit dessen Eigenschaften die vom Bieter angebotenen Alternativen jedenfalls gleichwertig sein müssen. Die Gleichwertigkeitsprüfung hat im Vergleich mit den vom Auftraggeber näher beschriebenen (oftmals technischen) Spezifikationen zu erfolgen. Die Gleichwertigkeit muss also konkret im Verhältnis zu den Spezifikationen des Leitproduktes vorliegen. Gemäß § 106 Abs 7 BVergG hat der Bieter den Nachweis der Gleichwertigkeit zu führen.

Was also, wenn das vom Bieter eingesetzte Erzeugnis nicht gleichwertig ist? Entgegen der naheliegenden Ansicht, dass diesfalls das Leitprodukt als angeboten gilt, entscheiden die Vergabekontrollbehörden in ständiger Rechtsprechung, dass ein der Ausschreibung widersprechendes Angebot vorliegt, welches gemäß § 129 Abs 1 Z 7 BVergG auszuscheiden ist. Diese Rechtsfolge tritt selbst dann ein, wenn der Bieter – was grundsätzlich zulässig ist – mehrere verschiedene Produkte in einer Bieterlücke anführt und nur eines davon nicht gleichwertig ist. Die Praxis behilft sich damit, dass dem Angebot ein Begleitschreiben mit folgendem Inhalt beigelegt wird:

Bei fehlender Gleichwertigkeit eines in der Bieterlücke eingesetzten Erzeugnisses gilt das ausgeschriebene Erzeugnis (= Leitprodukt) zu dem angebotenen Preis als angeboten.

Aufgrund des Kriteriums der Gleichwertigkeit ist auch bei der Beschreibung bzw. Bezeichnung des angebotenen Erzeugnisses besondere Vorsicht geboten: Ist das Produkt etwa nur durch Angabe des Herstellernamens beschrieben und bestehen aufgrund dessen Produktpalette mehrere denkbare Ausführungen, hätte es der Bieter theoretisch nachträglich in der Hand, sein Angebot abzuändern. Zur Verdeutlichung folgender Fall aus der Praxis: In der Ausschreibung war in einer Position eine Leuchte anzubieten, die eine Erkennungsweite von 30 Meter hat. In der dafür vorgesehenen Bieterlücke wurde vom Bieter unter Angabe der Artikelnummer ein Fabrikat angeboten, das lediglich eine Erkennungsweite von 15 Meter aufweist. Ein Hinweis, dass dieses Fabrikat auch mit einer Erkennungsweite von 30 Meter produziert werden kann, war im Angebot nicht enthalten. Der Bieter argumentierte zwar, dass die Produktion dieser Leuchte mit Erkennungsweite 30 Meter jederzeit möglich ist und dies von ihm auch so geplant war. Dies half ihm nichts, sein Angebot wurde ausgeschieden.

Häufige Fehlerquellen in Zusammenhang mit echten Bieterlücken

Bei echten Bieterlücken sind vom Bieter die vom Auftraggeber verlangten Angaben zum eingesetzten Produkt, zum gewählten Verfahren, etc. zu machen, ohne dass ein bestimmtes Erzeugnis vorgegeben wird. Der Bieter legt somit selbst anhand der Vorgaben der Ausschreibung die von ihm angebotene Realisierung fest.

Die Konsequenz des Nichtausfüllens echter Bieterlücken liegt auf der Hand: Die auf die Bieterlücke entfallende Leistung ist schlichtweg nicht angeboten, weshalb ein unvollständiges und damit mangelhaftes Angebot vorliegt. Da ein nachträgliches Ausfüllen der Bieterlücke in der Regel zu einer Verbesserung der Wettbewerbsstellung gegenüber den übrigen Bietern führt, ist ein Angebot, in dem echte Bieterlücken freigelassen wurden, unbehebbar mangelhaft und in der Regel nach § 129 Abs 1 Z 7 BVergG auszuscheiden.

Wie auch bei unechten Bieterlücken ist auch bei echten Bieterlücken eine Mehrfachnennung gesetzlich zulässig. Auch hier ist das Angebot aber mit dem Ausscheiden bedroht, wenn auch nur bei einer der angebotenen Alternativen der Nachweis der Gleichwertigkeit nicht gelingt. Im Gegensatz zu unechten Bieterlücken, bei denen durch Beilegung eines entsprechenden Begleitschreibens einem Ausscheiden vorgebeugt werden kann, ist dies hier nicht möglich, da ja kein Leitprodukt existiert, das im Falle der fehlenden Gleichwertigkeit als angeboten gilt.

Fazit

Sowohl beim Ausfüllen von „echten“ als auch bei „unechten“ Bieterlücken ist äußerste Sorgfalt geboten. Bei strenger Prüfung durch den Auftraggeber kann der kleinste Fehler das Ausscheiden des Angebotes zur Folge haben. Bei „unechten“ Bieterlücken kann durch ein Begleitschreiben mit dargestelltem Inhalt einem Ausscheiden vorgebeugt werden.

Bernhard Kall
Müller Partner Rechtsanwälte